Kugeln rollen bergauf, Räume drehen sich und Kinder gehen die Wände hoch: In Lingelbachs Scheune ist nur das Allerwenigste so, wie es zu sein scheint.
Die Schüler der Klassen 8+9, die das Profilfach Naturwissenschaft und Technik (NwT) belegen, besuchten am 12.03. die Ausstellung bei Aalen. „Optische Phänomene“, so nennt Bernd Lingelbach, was seine Gäste an ihrer Sehkraft zweifeln lässt. Der emeritierte Professor warnt deshalb gleich zu Beginn einer Führung durch sein Domizil: „Man sollte niemals das glauben, was man sieht.“
Und tatsächlich, bereits nach dem ersten simplen Experiment erschließt sich, was er meint. Jeder Schüler bekommt ein Drahtgestell in die Hand, das normalerweise bei Sekt den Korken an seinem Platz hält. „Haltet dieses mit dem gestreckten Arm vor eines eurer Augen“, fordert Lingelbach. Und tatsächlich: Plötzlich scheint sich die Position des kleinen Metalldeckels zu verändern. Er tritt in den Vordergrund, tauscht also mit dem Drahtgeflecht seinen Platz und wird auf einmal durchsichtig. „Die Netzhaut ist ein Display und zeichnet ein flaches Bild von einer räumlichen Welt, was zu dieser Irritation führt“, erklärt er.
3-D- und Prismenbrillen kommen ins Spiel: Oben wird zu unten, rechts wird zu links. Und scheinbar unendlich viele weitere Dinge gibt es auszuprobieren: Kein Winkel in Lingelbachs Scheune, in dem es nicht irgendetwas zu entdecken gibt. Der Beuchet-Stuhl zum Beispiel lässt die Schüler wieder staunen. Vom Beobachtungspunkt aus greift einmal mehr das David-und-Goliath-Prinzip, weil das Sitzmöbel aus zwei Teilen besteht, die von der Größe her eigentlich gar nicht zusammenpassen. Die Distanz zwischen den beiden Objekten, ein paar handwerkliche Kniffe und natürlich die räumliche Anordnung schaffen dabei ein weiteres Klein-und-groß-Spiel. Allen digitalen Trick- und Schnitttechniken zum Trotz werde genau nach diesem Verfahren bis heute in der Filmbranche gearbeitet, beispielsweise bei „Herr der Ringe“, weiß der Gastgeber.
Nun wird’s schräg. Bernd Lingelbachs Sohn führt die Schüler hinein in den schiefen Raum. Hier rollen nicht nur kleine Plastikkugeln scheinbar bergauf, man kann auch ganz bequem mit einem Stuhl auf einem Minivorsprung an der Wand sitzen, ohne herunterzufallen. Der Körper gewöhnt sich binnen Kurzem an die ungewohnte Position. Das Auge sucht allerdings fortwährend nach der Balance. „Unserem Gehirn sind solche Räume unbekannt. Es weiß nicht mehr, was waagerecht ist“, erklärt Lingelbachs Sohn dieses Phänomen.
Nach drei Stunden Führung verlassen Schüler und Lehrer die Scheune und sind sich einig, dass dieser Ausflug durchweg gelungen war.