Anfang Oktober 2024 machten sich 28 Mitarbeitende der St. Josefspflege Mulfingen—darunter hauptsächlich Freiwillige im Sozialen Jahr (FSJler), Auszubildende und Studierende—auf den Weg nach Polen, um die historischen Stätten von Auschwitz und Birkenau zu besuchen. Ziel der Reise war es, sich intensiv mit der Geschichte der Einrichtung auseinanderzusetzen und ein tieferes Verständnis für die Ereignisse zu erlangen.
Erster Tag: Begegnung mit der Geschichte in Auschwitz I
Am frühen Morgen erreichte die Gruppe das Museum Auschwitz I, das ehemalige Konzentrationslager, das heute als Mahnmal und Gedenkstätte dient. Unter der Führung eines erfahrenen Guides begaben sich die Teilnehmenden auf einen bewegenden Rundgang durch das Lager. Sie besichtigten die original erhaltenen Häftlingsbaracken, die Todesmauer und das berühmte Eingangstor mit der zynischen Inschrift "Arbeit macht frei". Die Ausstellung von persönlichen Gegenständen der Opfer, wie Koffer, Schuhe und Haare, vermittelte ein erschütterndes Bild des Leids, das unzählige Menschen hier erdulden mussten.
Nach einer kurzen Mittagspause teilte sich die Gruppe am Nachmittag auf. Ein Teil besuchte das Museum "Bewohner der Stadt Oświęcim", das einen Einblick in das Leben der lokalen Bevölkerung vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg bietet. Die Ausstellung beleuchtete die multikulturelle Vergangenheit der Stadt und wie die Ereignisse des Krieges das Leben der Einwohner für immer veränderten. Der andere Teil der Gruppe erkundete die Stadt Oświęcim selbst.
Am Abend trafen sich alle Teilnehmenden zu einer Reflexionsrunde. In einer offenen Gesprächsrunde wurden die Eindrücke des Tages geteilt. Viele berichteten von ihren emotionalen Reaktionen auf das Gesehene und wie die direkten Zeugnisse der Gräueltaten sie tief berührt hatten. Die gemeinsame Reflektion half dabei, die Erfahrungen zu verarbeiten und ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln.
Zweiter Tag: Tiefergehende Auseinandersetzung in Birkenau
Der zweite Tag führte die Gruppe zum Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Die schiere Größe des Geländes und die Überreste der Infrastruktur—Gleise, Ruinen der Gaskammern und Krematorien—machten das Ausmaß der Verbrechen deutlich. Ein besonders bewegender Moment war der Besuch der Baracke 16, in der damals die Sinti-Kinder der St. Josefspflege Mulfingen ankamen. Die direkte Verbindung zur eigenen Einrichtung und die Vorstellung des erlittenen Leids dieser Kinder berührten alle zutiefst
Am Nachmittag fand eine weitere Reflektionsrunde statt. Die emotionale Belastung des Tages war spürbar, doch der Austausch in der Gruppe bot Raum für Trost und Unterstützung. Anschließend wurde eine Abschiedszeremonie an der „Alten Judenrampe“ abgehalten, bei der Texte vorgelesen und Gebete gesprochen wurden, um der Opfer zu gedenken und ein Zeichen für Frieden und Versöhnung zu setzen.
Dritter Tag: Kulturelle Entdeckungen in Wieliczka und Krakau
Nach zwei inhaltlich und emotional anspruchsvollen Tagen stand am dritten Tag ein kulturelles Programm auf dem Plan. Die Gruppe besuchte das beeindruckende Salzbergwerk in Wieliczka, ein UNESCO-Weltkulturerbe. Tief unter der Erde erkundeten sie die kunstvoll gestalteten Stollen und Kammern, bestaunten die aus Salz gehauenen Skulpturen und lernten viel über die Geschichte des Bergbaus in der Region. Die unterirdische Kapelle, komplett aus Salz errichtet, war ein besonderes Highlight und bot einen Moment der Besinnung.
Anschließend ging es weiter in die historische Stadt Krakau. Bei strahlendem Sonnenschein schlenderten die Teilnehmenden durch die malerischen Gassen der Altstadt, besuchten den Marktplatz mit den Tuchhallen und besichtigten den Wawel-Hügel mit dem Königsschloss und der Kathedrale. Die lebendige Atmosphäre, die reiche Kultur und die Gastfreundschaft der Krakauer Bevölkerung boten einen schönen Ausklang der Reise.
Abschluss und Rückkehr
Am letzten Tag trat die Gruppe die Heimreise nach Mulfingen an. In den Gesprächen während der Fahrt wurde deutlich, wie nachhaltig die Reise alle Teilnehmenden beeinflusst hatte. Die intensiven Erfahrungen in den Gedenkstätten hatten das Bewusstsein für die Bedeutung von Erinnerung und Aufklärung geschärft. Viele äußerten den Wunsch, das Erlebte in ihre Arbeit bei der St. Josefspflege einfließen zu lassen und sich weiterhin für Toleranz, Menschlichkeit und Frieden einzusetzen.
Fazit
Die Reise nach Auschwitz und Birkenau war für die Mitarbeitenden der St. Josefspflege Mulfingen mehr als nur eine Bildungsreise. Sie war eine tiefgreifende persönliche Erfahrung, die noch lange nachwirken wird. Die direkte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und die Reflexion darüber stärken das Engagement für eine Zukunft, in der solche Gräueltaten nie wieder geschehen dürfen.
Diese Reise wurde durch die Sanddorf Stiftung bezuschusst. Wir danken recht herzlich dafür.